Angefangen am: 02.01.2021; Eingestellt von: Franz Horn; Artikel von Norbert Horn 1911-1986

Dorchheim gegen Marienstatt

Zwei Zwischenfälle im Dreißigjährigen Krieg


Inhaltsverzeichnis:

1. Vorwort

Zensur im kleinen

2. Dorchheim gegen Marienstatt

Zwei Zwischenfälle im Dreißigjährigen Krieg

3. Res III

Res III


 Zensur im kleinen

 

  Den interessanten Beitrag, der uns die Geschichte unserer Heimat etwas näherbringen soll, stammt aus der Feder des Dorchheimer Historikers Norbert Horn +1986 und wurde 1955 im "Nassauer Boten" veröffentlicht.

  Ich hätte diesen Artikel gerne 2020 in "apropos Elbtal" veröffentlicht, doch leider entsprach er nicht den harten Kriterien dieses Blattes, stattdessen berichten man dort lieber, wie in Ausgabe 75, über die Präsidentschaftswahlen in den USA, bzw. über Donald Trump, Joseph Biden und Kamala Harris.



 Hier der Orginal Artikel von Norbert Horn

 

 Dorchheim gegen Marienstatt


Zwei Zwischenfälle im Dreißigjährigen Krieg


  Die Beziehungen der Einwohner Dorchheims und der Abtei Marienstatt sind in der Vergangenheit nicht immer sehr erfreulich gewesen. Die Ursachen dafür liegen klar auf der Hand. Seit dem Jahre 1272 sind die Zisterzienser Grundbesitzer in der Gemarkung und haben seitdem ihre Ländereien durch Schenkung, Kauf oder Tausch beträchtlich erweitert, so daß schließlich mindestens ein Drittel der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche geistliches Eigentum geworden ist. Dieses Klostergut stellt die bäuerlichen Kleinbetriebe in jeder Hinsicht in den Schatten, und bei der Verteilung der Gemeindelasten ergeben sich ebenso wie bei den Fragen über Wald- Wasser- und Weiderechte in der Dorfflur erhebliche Reibungsflächen. Besonders in schwierigen Kriegszeiten sind solche Möglichkeiten für Zank und Streit in erhöhtem Maße vorhanden, wie zwei Zwischenfälle im Dreißigjährigen Krieg zeigen.
  Im Spätsommer des Jahres 1626 rückt Kapitän Mettinghoven in Ellar ein, und die Verpflegungsansprüche seiner Truppen, die mit Waffengewalt durchgesetzt und nie bezahlt werden, bilden eine schwere Last für die gesamte Gegend. Daher nimmt ein Zisterzienser der Abtei Marienstatt Verhandlungen mit dem unbequemen Quartiergast auf, und verspricht ihm 8 Taler, wenn das Eigentum des Klosters in Dorchheim, wo zeitweise mehrere hundert Zentner Getreide auf den Speichern lagern, nicht behelligt werde. Der Offizier ist mit diesem Nebenverdienst zufrieden und gibt die entsprechenden Befehle aus. Aber als das Geld ausbleibt und der Pater nichts mehr von sich hören läßt, da glaubt er sich betrogen und schickt zur Rache für den Wortbruch 20 Reiter nach Dorchheim. Die Soldaten aber kümmern sich bitter wenig darum, was dem Kloster und was den Einwohnern gehört. Sie plündern unterschiedslos in allen Gehöften und Häusern "sehr übel in der gemeindt".
  Empört wenden sich nun die geschädigten Bauern nach Ellar und erklären, es sei doch ungerecht, wenn das ganze Dorf darunter leiden solle, weil der Pater sein Wort nicht gehalten habe, Kapitän Mettinghoven sieht auch ein, daß diese Leute sich mit gutem Grund beschweren, aber die Beute gibt er nicht mehr aus den Händen und erteilt lediglich den Rat, sich an den Grafen Johann Ludwig von Nassau- Hadamar zu wenden, der als Landesherr die Ansprüche auf Schadensersatz in Marienstatt geltend machen kann. Daraufhin begeben sich die Vertreter der Gemeinde nach dem Schloß Hadamar und finden hier volles Verständnis für ihre Klagen. Sofort verlangt der Graf, daß seine Untertanen für die Plünderung, zu der sie keinen Anlaß gegeben haben, mit den Einkünften des Freihofs, des Georgshofes und des Leonardushofes, die in der Dorchheimer Gemarkung liegen, schadlos gehalten werden. Damit die Leute "zue ohnbeleibster Weitläufigkeit nicht veranlaaset werdten", erklärt sich Marienstatt am 29. August zu einem gütlichen Vergleich und zum Ersatz der Vermögensverluste bereit. Die Zisterzienser befürchten nämlich, daß der Graf, der sich damals noch zur reformierten Lehre bekennt, im Weigerungsfall die umfangreichen Ländereien der katholischen Abtei in seinem Hoheitsgebiet mit Beschlag belegen wird und die Rückgabe ebenso vergißt wie der Pater die Bezahlung des Kapitäns Mettinghoven.
  Die dauernden Einquartierungen und Durchmärsche veranlassen die Regierung des Hadamarer Zwergstaates, zur Verhütung der ärgsten Ausschreitungen in jedes Dorf eine ständige Schutzwache zu legen. So kommen im Jahre 1633 auch 4 Soldaten nach Dorchheim, die nach altem Herkommen je zur Hälfte von der Gemeinde und dem Verwalter des Marienstätter Klostergutes beköstigt und besoldet werden müssen. Diese Einteilung entspricht den damaligen Verhältnissen und ist für den Verwalter höchst vorteilhaft. Er hat nämlich dadurch in seinem Gehöft stets zwei Mann zur Verfügung, während die beiden anderen Soldaten, besonders bei dem Durchzug größerer Verbände, nicht in jedem Haus ihren Schutz geltend machen können. Die Folge ist, daß die Bauern häufig mißhandelt und beraubt werden, der Verwalter dagegen kaum einen Schaden zu beklagen hat.
  Die Einwohner Dorchheims sind daher mit vollem Recht erbittert, als nun der Verwalter Blank jede Beteiligung an den Unkosten ablehnt und alle Last denjenigen Personen aufbürden will, die den wenigsten Nutzen von der Wache haben. Als nun im Mai 1633 die Ankunft neuer schwedischer Schwadronen gemeldet wird, verlassen sich die Leute nicht mehr auf die fragwürdige Hilfe der schwachen Schutztruppe und verbergen ihre geringen Getreidevorräte, die bis zur nächsten Ernte reichen müssen, nebst anderen Dingen in der Dorfkirche. Dem Verwalter scheint diese Maßnahme zweckdienlich zu sein, und er schafft ebenfalls seine Maltersäcke mit Hafer in das gleiche Versteck. Auf diese Weise finden nun die Schweden kein Futter für ihre Pferde, schlagen nach vergeblichen Hausdurchsuchungen die Tür des Gotteshauses ein und nehmen nicht nur den gesuchten Hafer der Abtei mit, sondern packen gleichzeitig auch das Eigentum der bestürzten Bauern auf ihre Troßwagen. Daraufhin vereinigen sich jedoch die Dorchheimer mit den Leuten von Mühlbach und Waldmannshausen, die ebenfalls ihre Habe in der Kirche verborgen haben, und beschweren sich bei der Regierung in Hadamar über den Verwalter, der die Ursache ihres Unglücks sei und zu allem Überfluß auch die Wache nicht bezahlen wolle, obwohl Marienstatt doppelt so viel Land besitze wie die drei Gemeinden, die mit "E. Gne untertan demütige gemein zu Dorchheim, Mullbach und Waltmarshausen" unterschreiben.
  
Auf dem Bild ist noch der Grabstein des Verfassers Norbert Horn zu sehen, mittlerweile ist das Grab eingeebnet. Der Abdruck des Holzkreuzes an der Westwand, dass mir aus Kindertagen so riesig erschien, ist noch deutlich zu erkennen. (Foto fn)
  Auf diese Klageschrift hin entscheidet Graf Johann Ludwig, daß der Verwalter Marienstatts gemäß dem alten Abkommen die Unkosten, die durch die Schutzwache entstehen, zur Hälfte tragen muß Dagegen ist von einem Ersatz des Schadens bei der Plünderung in der Kirche nicht mehr die Rede. Dieser Anspruch scheint auch nicht ganz berechtigt zu sein, und im Übrigen mögen die demütigen Untertanen sehen, wie sie sich mit leeren Speichern bis zum nächsten Herbst durchschlagen.



 Überschrift res

 
Zusatzbemerkungen res.
Text 1 res
Sondertext res
Text res