Eingestellt: 13.11.2016; Verfasser: Franz Horn;

Geschichtliche Bewusstseinserweiterung am Feldberg

oder

Herbstwanderung im hohen Taunus



   Inhaltsverzeichnis:


      Geschichtlicher Überblick des Höhegebirges (Hochtaunus)

      Rund um die Feldberge (12,5km)

      Ausgangspunkt "Rotes Kreuz"

         Der Leichenzug am Pass oder "die Mörder auf dem Bischofsstuhl"

      Erste Etappe, dem Limes entlang zum Sandplacken (ca. 4,8km)

      Sandplacken (677m über NN)

         Die Hohe Mark, die Macht des Waldboten und der "Viermärker"

      Zweite Etappe, vom Sandplacken zum Fuchstanz (4,2km)

      Fuchstanz, eine historische Wegkreuzung am Altkönig

      Letzte Etappe, vom Fuchstanz zum Roten Kreuz (3,5km)

      

   




  Geschichtlichen Überblick des Höhegebirges (Hochtaunus)


 Es gibt wohl kaum einen Gipfel in Deutschlands Mittelgebirgen, in dessen Umfeld sich die Geschichte so mannigfaltig erfahren lässt, wie im Umkreis des, mit 881m (878,53m?), höchsten Berges des "Höhen Gebirges". "Die Höhe", so wurde der Taunus im Mittelalter genannt, denn der Begriff "Taunus" kam erst ab dem 18. Jahrhundert auf.
 Aufgrund der vielen Sehenswürdigkeiten auf engstem Raum verwundert es nicht, wenn 1868 in diesem rheinischen Mittelgebirge, mit dem Taunusklub, einer der ersten Wandervereine Deutschlands entstand. Den Taunusklub als Wanderverein zu bezeichnen würde diesem allerdings nicht gerecht, da seine Arbeiten und Ziele viel weitreichender sind, der Besuch der Webseite des Vereins gibt uns einen informativen Überblick.

 Wir schlagen auf der Landkarte mit einem Zirkel einen Kreis um den Feldberg, der einen Durchmesser von 15 km erfasst und erhalten:

 1. Mindestens 5 Ringwälle der Kelten
     (z.B. Ringwall Altkönig, Ringwall Hünerberg)
 2. Wichtige Altstraßen der Kelten
     (z.B. Rennweg, Hünerstraße)
 3. Kilometerlage Abschnitte des Limes mit Wall und Graben
     (z.B. der Abschnitt zwischen dem Roten Kreuz und dem Sandplacken)
 4. Römische Fundamente von Wachtürmen, Kleinkastellen und Kastellen
     (z.B. Kleinkastell Feldberg, Kleinkastell Jagdhaus und das Kastell Saalburg)
 5. Reichsburgen
     (z.B. Burg Königstein, Burg Falkenstein, Burg Kronberg)
 6. Reichsstädten
     (z.B. die etwas weiter entfernt liegenden Städte Frankfurt und Friedberg)
 7. Burgen mächtiger Dynastien, die sich bis ins 9. Jahrhundert zurückverfolgen lassen
     (z.B. die Burg Nüring, auf dem Felsen, auf dem heute die Trümmer der Burg Falkenstein ruhen)






 Taunus: Rund um die Feldberge (12,5km)




 Ausgangspunkt "Rotes Kreuz" mit ca. 690m der höchste Gebirgspass im Taunus


Das Namensgebende Rote Kreuz
  Um "Die Höhe" erst einmal kennen zu lernen, empfiehlt sich als erstes eine Wanderung rund um die Feldberge. Wir wählten als Ausgangspunkt den höchsten Pass, das sogenannte "Rote Kreuz" (mit Parkplatz, Bushaltestelle und Gasthaus), nordwestlich des kleinen Feldberges an der L3025, die wiederum am sogenannten "Eselsheck" von der, von Königstein kommenden B8, rechts abzweigt. Das hier ansässige "Gasthaus zum Roten Kreuz" hat eine interessante Tradition und wird inzwischen von der 5. Generation der Familie Dinges geführt.


Der Leichenzug am Pass oder "die Mörder auf dem Bischofsstuhl"

Gertrudiskapelle in Oberreifenberg
  Am 22. Januar 1730 war die verschneite Passhöhe am "Roten Kreuz" Zeuge einer mystisch anmutenden, geschichtsträchtigen Begegnung, bei der die Reste der Freiherrliche Leiche, des am 23. März 1686 verstorbenen letzten Reifenberger Ritters aus der Wetterauer Linie, Freiherr Philipp Ludwig von Reiffenberg, seinen Angehörigen übergeben wurde.
  Der westerwälder Zweig, als Burgmannen der Grafen von Sayn, mit seinen großen Besitzungen, unter anderem in Weltersburg bei Westerburg, Waldmannshausen und vor allem in Sayn am Rhein, wird 1739, mit Anselm Friedrich Anton von Reiffenberg, in männlicher Linie aussterben und damit die ganze Reiffenberger Dynastie.
  Philipp Ludwig war als Gefangener von Kur-Mainz auf der Vetse Königstein eingekerkert und ist in dieser Haft umgekommen. Der Sohn von seines Großvaters Schwester, Anselm Casimir Wambolt von Umstadt, war Erzbischof von Mainz und ihm wollte er auf den Bischofsstuhl folgen. Als 27-Jähriger wurde er 1642 ins Mainzer Domkapitel aufgenommen und war somit Mainzer Domherr.

  Um der Person des Freiherrn Philipp Ludwig von Reiffenberg auch nur ansatzweise Gerecht zu werden, gilt es noch, sich mit einigen wichtigen Fakten vertraut zu machen:
  Insgesamt saß dieser hochgebildete Mann 17 Jahre, wahrscheinlich unschuldig, in Einzelhaft.
Stammwappen derer von Schönborn
  Für die ersten sieben Jahren, die er nachweislich unschuldig in Einzelhaft gehalten wurde, war der in Laubuseschbach geborene Mainzer Erzbischof, Kurfürst und Erzkanzler des Reiches, Johann Philipp von Schönborn verantwortlich, nach dessen Tod 1673 wurde Philipp Ludwig zwar wieder freigelassen, allerdings erst, nachdem er eidesstattlich bekannte, sich nicht für die erlittene Ungerechtigkeit rächen zu wollen.
  Für die nächsten zehn Jahre Einzelhaft war der Mainzer Erzbischof Damian Hartard von der Leyen verantwortlich. Der Erzbischof setzte sich sogar über einen Befehl vom 27.Aprill 1676 von Papst Innocenz XI. hinweg, in dem der Papst bestimmte, dass Philipp Ludwig von Reiffenberg in all seine geistlichen Würden und Benefizien wieder einzusetzen sei.
  Ein Verwandter aus Sayn, Johann Philipp von Reiffenberg, schrieb vollgende Zeilen: "Dergleichen pflegt derjenigen zu erwarten, die nicht überführt werden konnten und deren Aussagen man aber fürchtet".
  Waren es seine Ambitionen, war es sein großes Vermögen oder es war schlichtweg sein Alter von 71 Jahren in Verbindung mit den Folgen von 17 Jahren Einzelhaft, im Nebel der Geschichte finden wir keine zufriedenstellende Antwort über die Umstände seines Todes, der aber in jedem Fall einem, von hochrangigen Kirchendienern veranlassten, Justizmord gleichkommt.

  Von der Eselsheck her zog die Prozession der Königsteiner Kapuziner, das Requem aeternam psalmodierend und die sterblichen Überreste des vor 43 Jahren dahin geschiedenen letzten Reifenberger Ritters im Gepäck, zum "Roten Kreuz" hinauf.
  Am Roten Kreuz nahmen ihn Pfarrer, Pfarrgemeinde zu Reifenberg und Bassenheimer Diener in Empfang und trugen ihn zu den Gräbern seiner Ahnen wo er, in der ca. 1711 erbauten Heilig-Kreuz Kapelle (heute Gertrudiskapelle), beigesetzt wurde. Auch sein Erbe, seiner Schwester Sohn, Casimir Graf Waldbott von Bassenheim, der den Bau der Gertrudis Kapelle veranlasst hat, ist hier beigesetzt.

Casimir Ferdinand Adolph Graf Waldbott von Bassenheim
Die Wappen an der Decke der Gertrudiskapelle hf
Freiherr Philipp Ludwig von Reiffenberg
  Beatrice Träger beschreibt in einem Beitrag des Buches "Heimat Hochtaunus" unter der Überschrift "Der Machthungrige im Kerker" den Leichenzug wie folgt:
  "Wir schreiben den 22. Januar 1730. Eine kalte Wintersonne strahlte auf eine Kutsche, die in schleppendem Tempo von Königstein aus die Höhe des Taunuskamms erklimmt. Ihr zur Seite, zur Rechten und zur Linken, reisen je drei Schöffen der Grafschaft Bassenheim mit brennenden Fackeln." Meiner Meinung war der Freiherr aber nicht ansatzweise so machthungrig wie sein Gegner, der skrupellose Erzbischof aus dem Hause Schönborn, dem die Geschichtsschreiber einen Heiligenschein verpasst haben und der, wie wir wissen, auch schon mal einen wissentliche Unschuldigen für Jahre hinter Schloss und Riegel brachte, wenn es seinen Interessen diente. Die Vetternwirtschaft dieses Erzbischof legte den Grundstein für den späteren Reichtum der Familie Schönborn (allein seine Neffen und Großneffen, mittlerweile zu Grafen erhobenen, besetzten die Bischofsstühle von Mainz, Trier, Würzburg und Bamberg).

  Die Übergabe des Freiherrn war der Schlusspunkt der Jahrzehnte dauernden Erbstreitigkeiten um das gewaltige Reifenberger Erbe, zwischen dem Erzbistum Mainz und den Grafen von Bassenheim, deren Ahnen ja in der alten Burg von Waldmannshausen hausten. Das Erbe wurde schließlich Johanna Walpurgis, der Schwester des Toten zugesprochen, diese war verheiratet mit Johann Lothar Graf Waldbott von Bassenheim und so gelangte das Reiffenberger Erbe an deren Sohn Casimir Ferdinand Adolph Graf Waldbott von Bassenheim.
  Es sei noch erwähnt, dass die schwarzbekutteten Geschichtsfälscher und Hexenjäger des Mainzer Erzbistums, für ihren Anspruch auf das Reiffenberger Erbe, einen Vertrag aus dem Jahre 1443 hervorzauberten.


  Man kann sich heute nicht mehr vorstellen wie Mühsam, und ganz besonders im Winter, sich die Fuhrwerke in früher Zeit die Passstraße hinauf quälten. Hatte man jedoch die Passhöhe "Zollstock", beziehungsweise das seit 150 Jahren so genannte "Rote Kreuz" erreicht, hatte die Plackerei ein Ende. Nach einer ausgiebigen Rast wurden die Pferde oder Esel, die für den Passanstieg vorgespannt waren, wieder nach Königstein oder Falkenstein geführt, denn von nun an ging es bergab ins Tal der Weil, die ganz in der Nähe ihre Quelle hat.
  Für den Freund der keltischen Geschichte sei noch bemerkt, dass über diesen Pass auch der Keltische Höhenweg "Hünerstraße" verläuft.



 Erste Etappe, dem Limes entlang, vom Roten Kreuz zum Sandplacken (ca. 4,8km)


 Beim Roten Kreuz und beim Sandplacken handelt es sich um die beiden wichtigsten Pässe des Feldberges, beide haben schon die Römer mit Kleinkastellen geschützt und die erste Etappe der Wanderung verbindet, gleich dem Limes, diese beiden Pässe.

Weilquelle (wikipedia)
Das Bad des Feldbergkastells (wikipedia)
Feldbergkastell (die Namen Heidenkirche und Schanzenweg verraten uns die keltische Vergangenheit der Gegend) Quelle: http://www.taunus-wetterau-limes.de/index2.htm
 Vorbei an der Weilquelle und dem "Feldbergkastell" geht der Weg zunächst gemächlich Bergauf und immer wieder kann auch das ungeschulte Auge, Wall- und Grabenreste des Limes erkennen. Der Wald, der heute die Sicht nach Norden versperrt, war zu Zeiten der Römer nicht vorhanden und so hatten diese unbeschränkte Sicht ins Feindesland. Höhepunkt dieser Teilstecke ist sicherlich das sogenannte Feldbergkastell am kleinen Feldberg. Das Numeruskastell wurde nach Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. errichtet. In solchen Kastellen waren kleinere Hilfstruppen (Numeri) von ca. 150 Mann untergebracht.
 Der Standort des Kastells ist vom zu überwachenden Pass am Roten Kreuz etwas abgerückt, offenbar um die nahe Weilquelle besser nutzen zu können.




 Sandplacken (677m über NN)


Kleinkastell "Altes Jagdhaus"
 Auch hier handelt es sich um einen Gebirgspass mit Historische Wegkreuzung, Parkplatz, Bushaltestelle, Hotel, Gasthaus und auch hier können wir, nur 200m entfernt, die Grundmauern eines römischen Kleinkastells besichtigen. Auch dieses diente zur Überwachung des Passes und bezog wahrscheinlich seine Truppen aus dem wesentlich größeren "Feldbergkastell".
 In diesem Kleinkastell lies der Waldbote der Hohen Mark, ab dem 16. Jahrhundert, ein Jagdhaus errichten und so gab er diesem Kleinkastell den heutigen Namen.


 Die Hohe Mark, die Macht des Waldboten und der Viermärker Grenzstein

  Die "Hohe Mark" war eine mittelalterliche "Mark"genossenschaft zur Waldnutzung im Taunus, die vom 14. Jahrhundert bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts bestand.
  Der Homburger Schlossherr war Obermärker und berief als "Waldbote" alljährlich zu Pfingstmittwoch das "Märker-Thing" auf die Oberurseler Aue ein. Alle Gemeinden der Hohemark-Genossenschaft schickten einen "Märker" als Vertreter zu dem »Thing«, das der Waldbote »hegte«: anstehende Probleme wurden geklärt, Frevler bestraft, Wahlämter erneuert und die Termine der kommenden Saison festgelegt wie die Holz- und Waldtage.
  Dieser Waldbote hatte weitreichende Rechte und war sehr gefürchtet, da er ja auch die Gerichtbarkeit in diesem Gebiet innehatte. Da wurden schon mal willkürlich Strafen verhängt, da der Waldbote von jedem Bußgeld die Hälfte sein Eigen nennen konnte. Man stelle sich vor, wie Geldstrafen in heutiger Zeit ausfallen würden, wenn die verantwortlichen Richter mit 50% der Busgelder ihren Lebensunterhalt bestreiten müssten.
  Am sogenannten "Viermärker" Grenzstein, ca. 1,5km südlich des Sandplackens, stoßen vier Hochherrschaftliche Gebiete mit den folgenden Abkürzungen aufeinander:
    LH = Landgrafschaft Hessen-Homburg,
    GH = Großherzogtum Hessen-Darmstadt,
    N = Herzogtum Nassau,
    F = Großherzogtum Frankfurt (Hohemarkverband).
    Die zusätzliche Bezeichnung DW steht für Domänenwald.
Weiterhin finden wir noch folgende Initialen auf Grenzsteinen der Hohen Mark:
    KH = Kurfürstentum Hessen-Kassel
    KP = Königreich Preußen (schluckt nach 1866 alle außer GH)



 Zweite Etappe, vom Sandplacken zum Fuchstanz (4,2km)


 Dieser gut markierte und gut ausgebaute Weg enthält keine großen Steigungen und Gefälle, er ist auch von ungeübten Wanderern leicht zu bezwingen und führt durch einen Wald, der zur inneren Einkehr einlädt.



 Fuchstanz, eine historische Wegkreuzung am Altkönig


Rastplatz Fuchstanz
 Nur ca. 1km von den keltischen Ringwällen des "Altkönig" entfernt, handelt es sich beim Fuchstanz nicht um eine Passhöhe, aber auch um eine historische Wegkreuzung auf einer vorrömischen Straße. Dieser Straße kommt von Frankfurt-Höchst über Falkenstein und führt von dort zum Fuchstanz.
 Vom Fuchstanz zieht dieser Weg weiter, vorbei an Reifenberg und Mauloff (hier heißt dieser Weg auch "Rennstraße"), zur "Eisernen Hand" unterhalb der Ringwälle des Riesenkopfes bei Weilmünster-Rohnstadt, einer weiteren wichtigen überregionalen keltischen Wegkreuzung im Taunus (von der Eisernen Hand bei Rohnstadt führt auch eine keltische Altstraße nach Limburg an der Lahn).
 In Historischen Karten wird dieser, von den Kelten angelegte Weg, Hünerstraße oder auch Rennstraße genannt, wobei diese beiden Wege nicht identisch sind, aber teilweise gemeinschaftlich verlaufen. Es handelt sich um einen der wichtigsten keltischen Wege im Taunus, ist aber nicht zu verwechseln mit der Hühnerstraße von Wiesbaden nach Limburg (B417), diese ist aber auch ein keltischer Höhenweg.
 Der Fuchstanz ist für den Wanderer nur zu Fuß erreichbar, es gibt keine öffentlichen Parkplätze, keine Busverbindungen und eine Übernachtungsmöglichkeit sucht man auch vergeblich, hier hat man sich aber bestens auf das leibliche Wohl der Waldläufer und Fahrradfahrer spezialisiert.



 Letzte Etappe vom Fuchstanz zum Roten Kreuz (3,5km)


Der führerscheingefährdende Kurs von 1952 wird teilweise heute noch gefahren
  Der Weg geht jetzt etwas steiler Bergauf und es ist gut, dass es die letzte Etappe ist. Zunächst geht es nordwestlich Richtung Kleiner Feldberg, den wir dann Südlich umgehen.
  Radfahrer, die auch diese Wege für sich entdeckt haben, werden manchmal zur Plage, aber gefährlich sind die, die unvermutet und illegal manchmal die Wege kreuzen.
  Der letzte Kilometer führt uns bergauf entlang der Hochtaunusstraße Richtung Ausgangspunkt "Rotes Kreuz" und hier kann der geneigte Wanderer seine überdurchschnittliche Toleranz gegenüber Motorradlärm beweisen. Auch müsste mal die Frage geklärt werde, wer die höheren Rechte am großen Feldberg besitzt, der Wanderer oder der Motorradfahrer.





  Die Evolution hat der menschlichen Rasse das Wandern in die Wiege gelegt.