Eingestellt: 10.08.2015; Verfasser: Norbert Horn; Veröffentlicht: Nassauer Bote vom 23.3.1957;


Ein Huhn für 15 Kreuzer

Preisangaben aus einem Wirtschaftsbuch der Familie Oppermann

 Es ist zu Beginn des vorgen Jahrhunderts durchaus noch nicht üblich gewesen, daß die Bauern im Westerwald fein säuberlich ihre täglichen Ausgaben aufzeichnen. Wenn nun Franz Philipp Oppermann ein solches Merkbuch hinterlassen hat, so liegen besondere Gründe vor. Der genaue Haushalter ist nämlich als Sohn eines fürstlich oranischen Rates in Hadamar geboren, besuchte die damalige Hochschule zu Herborn und macht sich als Aktuar in Haiger und als Assessor in Hadamar gründlich mit der Feder vertraut. Aus unbekannter Ursache unterbricht er jedoch nach den Freiheitskriegen seine Laufbahn und wendet sich der Landwirtschaft zu. Seine günstigen Vermögensverhältnisse erlauben ihm, das geräumige ehemalige Amtsgebäude in Dorchheim zu erwerben und dort durch Grundstückskäufe einen größeren Betrieb aufzubauen.
 Das Ausgabebuch ist nicht mehr vollständig erhalten und umfaßt die Zeit vom 1. Juni 1821 bis 27. Juli 1822. Der nachstehende Auszug beschränkt sich auf Einträge, die für ein Bild der damaligen Zustände in einem Westerwalddorf auf wirtschaftlichem Gebiet wertvoll scheinen. Es ist jedoch zu beachten, daß die Ausgaben bei der besonderen Lage Oppermanns, der infolge seiner Herkunft größere Ansprüche in der Lebenshaltung stellt und mit der eigenen Landwirtschaft erst in den Anfängen steht, den Durchschnitt in jener Zeit erheblich überschreiten.
 Zu Maß und Münze sei bemerkt, daß der Malter Roggen 150 kg und die Meste Weizen 30 kg wiegt, der Klafter Holz 4 rm umfaßt, ein Maß 2 Liter und ein Schoppen ½ Liter enthält und ein Gulden aus 60 Kreuzer besteht.

1821
4. Juni:½ Maß Baumöl (aus Bucheckern) 40 Kreuzer; 1 Stück Zunder 10 Kreuzer; 2 Pfund Butter und 2 Dutzend Eier 45 Kreuzer.
9. Juni:6½ Pfund Rindfleisch und Kalbshirn 1 Gulden 8 Kreuzer; 7 Pfund Hammelfleisch 1 Gulden 12 Kreuzer;
2 Pfund weißer Zucker 56 Kreuzer; Kamillenblumen (für, Tee und Wärmebeutel) 8 Kreuzer; 1 Maß Rüböl (aus Raps) 48 Kreuzer;
13 Pfund Kalbfleisch 52 Kreuzer.
12. Juni: ½ Schoppen guter Schnaps 7 Kreuzer.
12. Juni: 3 ½ Pfund Butter 58 Kreuzer; 1 Butterfaß 3 Gulden 50 Kreuzer.
16. Juni: 1 Klafter Holz mit Fuhrlohn 17 Gulden; 1 Pfund Kaffee und 1 Pfund Zucker 1 Gulden 22 Kreuzer;
5 Pfund Ochsen Fleisch 50 Kreuzer; 1 Brot 9 Kreuzer.
17. Juni: 2 Pfund Bratwurst und Hirn, 88 Kreuzer.
13. Juni: Pachtgeld für 40 Ruten Wiese 3 Gulden; 4 ½ Pfund Rindfleisch 45 Kreuzer; 1 :Pfund Kaffee 56 Kreuzer; 1 Pfund Zucker 26 Kreuzer;
½ Maß Baumöl 40 Kreuzer; 3 Schoppen Rüböl 38 Kreuzer; 6 Pfund Salz 21 Kreuzer: 1 Huhn 15 Kreuzer.
29. Juni: Leinkuchen (Kraftfutter aus 'Rückständen bei der Herstellung von Leinöl) 24 Kreuzer.
30. Juni: 5 ½ Pfund Rindfleisch 55 Kreuzer; 1 Pfund Kaffee 56 Kreuzer; 2 Pfund Tabak 1 Gulden 20 Kreuzer; 1 Pfund Zucker 26 Kreuzer;
1 Pfund Reis 14 Kreuzer; ½ Pfund Zwieback 15 Kreuzer; 3 ½ Pfund Butter 49 Kreuzer.
1. Juli: 6 Krüge Selterwasser 18 Kreuzer.
2.Juli: Eine Kuh von Höhn nach Dorchheim holen lassen 1 Gulden.
4. Juli: 3 Brote 24 Kreuzer
7.Juli: Schneiderlohn für einen Sommerrock 1 Gulden 45 Kreuzer; 1 Paar Schuhe 2 Gulden 15 Kreuzer;
Fuhrlohn für einen Wagen Stroh von Niederzeuzheim nach Dorchheim 48 Kreuzer; 3 Pfund Butter 42 Kreuzer.
14. Juli: 4 Pfund Rindfleisch 40 Kreuzer.
22. Juli: 3 Schoppen Öl 42 Kreuzer.
18. August; 4 Pfund Rindfleisch, 3 Pfund Nierenfett und 3 Brote 2 Gulden.
19. August: 13 Pfund Butter 2 Gulden 55 Kreuzer.
26. August: 13 Pfund Butter 2 Gulden 49 Kreuzer; 4 Pfund Rindfleisch 40 Kreuzer; 3 Pfund Schweinefleisch;
4 Pfund Kalbfleisch und 2 Pfund Bratwurst 1 Gulden 29 Kreuzer.
29. August: 1 Pfund Kaffee, 1 Pfund Zucker, Brot und Weißbrot, 2 Gulden 6 Kreuzer;
Fuhrlohn und Chausseegeld (eine Gebühr für die Benutzung der Straße) 42 Kreuzer.
1. September: 4 Pfund Rindfleisch 36 Kreuzer; 4 Pfund Salz 14 Kreuzer; 1 Weißbrot 6 Kreuzer.
2. September: 14 Pfund Butter 3 Gulden 16 Kreuzer.
5. September: 3 Schoppen Öl 42 Kreuzer; 1 Pfund Seife 20 Kreuzer.
7. September: 4 Pfund Rindfleisch 36 Kreuzer; 4 Pfund Weizenmehl und 1 Weißbrot 22 Kreuzer.
14. September: Fuhrlohn für 150 Bretter von Diez nach Dorchheim 5 Gulden; 6 ½ Pfund Kaffee 2 Gulden 20 Kreuzer;
2 Pfund Zucker 48 Kreuzer; 4 Pfund Rindfleisch 36 Kreuzer; 2 Brote und 4 Brötchen 20 Kreuzer.
15. September: 1 ½ Schoppen Schnaps 12 Kreuzer.
16. September: Ein Schubkarren 6 Gulden 6 Kreuzer.
18. September: 3 Schoppen Rüböl 36 Kreuzer; 8 Pfund Hammelfleisch 56 Kreuzer.
12. Oktober: 1 Pfund Kaffee und 1 Pfund Zucker 1 Gulden 20 Kreuzer; 6 Pfund Salz 21 Kreuzer; Pfund Rindfleisch 36 Kreuzer;
1 Weißbrot 6 Kreuzer.
13. Oktober: 1 Korb Borsdorfer Äpfel 1 Gulden 12 Kreuzer.
20. Oktober: 1 Korb Borsdorfer Äpfel 1 Gulden; 2 Forellen 18 Kreuzer; 4 Pfund Rindfleisch 36 Kreuzer;
5 Pfund Weizenmehl und 1 Weißbrot 26 Kreuzer.
27. Oktober: 1 Malter Roggen 6 Gulden 50 Kreuzer.
31. Oktober: 2 Mesten Weizen 1 Gulden 40 Kreuzer; 2 Gemüsekörbe Borsdorfer Apfel 48 Kreuzer; 1 Gemüsekorb Kochäpfel 16 Kreuzer.
31. Dezember: 1 ½ Maß Weißwein 1 Gulden 30 Kreuzer.

1822
31. Januar: 1 Paar Schuhe 2 Gulden 9 Kreuzer; Spinnlohn für 6 Pfund Werg 1 Gulden 12 Kreuzer; 7 Bretter für einen Sarg 1 Gulden 59 Kreuzer.
26. Februar: 10 Zentner Heu 6 Gulden 40 Kreuzer.
1. Juli: Anzahlung auf eine Scheune in Öllingen 75 Gulden.
25. Juli: Restzahlung für die Scheune in Öllingen 678 Gulden. (Die Scheune wird in Öllingen abgebrochen und ihr Holzwerk in Dorchheim für einen Neubau benutzt, der heute noch vorhanden ist.)




Anmerkungen:
In der Beilage der Zeitung des Großherzogtums Frankfurt vom Sonntag den 12.April 1812 (Jahr des Russlandfeldzuges von Napoleon!) wird der Amtssitz wie folgt zum Kauf/Versteigerung angeboten: (Rechtschreibung wurde natürlich nicht geändert):
III. in dem Canton Hadamar
6) Das neu erbaute und noch nicht ganz vollendente sogenannte Amtshaus zu Dorchheim, in der Mairie Frickhofen, liegt dicht an der Mainzer Landstraße und besteht aus einem massiven Hauptbau, einem solchen Nebenbau, Stallungen für 4 Kühe, zwei Pferden und mehrere Schweine, einer Holz und einer Wagenremise. Auch gehört dazu ein unmittelbar um und an dem Gebäude liegender Garten welcher 3 Morgen 2 Ruthen enthält und dermasen an mehrere Einwohner von Dorchheim für 36 Fr 37 Ct verpachtet ist. Zu dem Hauptbau befinden sich im unteren Stock 5 Stuben, 1 Kammer, eine Küche, ein Keller und Speisekammer, im oberen Stock zwei Stuben und drei Kammern.
Der Nebenbau enthält im unten Stock eine Stube zwei Kammern und eine Heuremise der obere oberste Stock begreift zwei oben einander liegende Speicher. Dieses sowohl zur Landwirtschaft als zu jedem Gewerbe vortheilhaft gelegene Haus ist zu 4850 Fr taxiert und wird dem Ankäufer das völlige Ausbauen dadurch erleichtert das noch eine Parthie neuer Baumaterialien Thüren Fenster u.s.w. vorräthig sind, welche gleich nach der Adjudication des Gebäudes ebenfals an den Meistbietenden werden versteigert werden.


Zum Vergleich:
Die folgende Tabelle nennt beispielhaft die Besoldung des 2. herzoglich-nassauischen Infanterieregiments in niederländischen Kriegsdiensten im Juli 1814.

DienstgradSold in Franc, Centimes
Oberst833,30
Oberstleutnant358,30
Major358,30
Hauptmann 1. Klasse200,00
Bataillonsarzt125,00
Leutnant 1. Klasse104,15
Unterleutnant83,31
Fahnenträger40,50
Feldwebel31,25
Sergant22,63
Korporal14,01
Gemeiner9,70


Alte Bilder vom alten Amtssitz und seinen Besitzern:

Bild ist auf der Rückseite wie folgt beschriftet: 1936 kurz vor dem Einspannen zum ausfahren der Jauche
Oma von Jürgen Oppermann
 Bilder sind im Besitz von Jürgen Oppermann






Tipps für spätere recherchen:
1884 Adolf Oppermann 15 Jahre alt, Sohn des Landwirts Adolf Oppermann im Sterberegister Frickhofen; Ein Oppermann Heinrich von Dorchheim und ein Quernheim Philipp von Irmtraut machten scheinbar 1848 zusammen in Hadamar Abitur und auch ein Oppermann, Ferd. von Wallmerod und ein Horn, Joh, von Oberzeuzheim wurden aufgelistet.
Noch ein Internetfund Dienstnachrichten von 1841: Nach bestandener Prüfung sind August Oppermann von Dorchheim unter die Kanditaten der Rechts- und übrigen Staatswissenschaften .... aufgenommen worden. Und an anderer Stelle 1842: Seine Herzogliche Durchlaucht haben den Rechtskanditaten Oppermann von Dorchheim zum Aecesisten bei dem Amt Dillenburg .... gnädigst ernannt.